• Der Polizeistaatsbesuch & Harun Farockis frühe Kurzfilme

    „Wenn es irgendwo brennt in der nächsten Zeit, wenn irgendwo eine Kaserne in die Luft geht, wenn irgendwo in einem Stadion die Tribüne einstürzt, seid bitte nicht überrascht!“, heißt es auf einem Flugblatt, das wenige Tage vor dem Staatsbesuch des persischen Schahs Reza Pahlew von Mitgliedern der Kommune I auf der Straße verteilt wurde. Roman Brodmanns Der Polizeistaatsbesuch scheut sich nicht nur, Sympathie für die politisch motivierte Studentenbewegung zu zeigen, sondern wirft auch einen ironisch-bissigen Blick auf die sich dem Schah unterwerfende deutsche Gesellschaft.

    So nah wie möglich dokumentiert Brodmann den politischen Zeitgeist und findet sich am 2. Juni 1967 inmitten der historischen Auseinandersetzung zwischen der Polizei und den demonstrierenden Studenten wieder – bis hin zum Tod von Benno Ohnesorg. So spannendes wie tragisches Zeitdokument über das furchtbare Fanal zur Radikalisierung zwischen Staat und Protestbewegung.

    Wir zeigen Der Polizeistaatsbesuch in einer Aufführung mit vier Kurzfilmen von Harun Farocki, die thematisch an Brodmanns Film anknüpfen: Die Worte des Vorsitzenden, Ihre Zeitungen, Nicht löschbares Feuer & White Christmas.

    Wie kann man die Wirkung von Napalm im Einsatz dem Publikum zeigen? Harun Farocki antwortet in seinem Anfangsmonolog von Nicht löschbares Feuer damit, dass er sich eine Zigarette auf dem Arm ausdrückt. Klare Fragen, klare Antworten – Farocki schreckt nicht davor zurück, die Realität des Vietnam-Krieges und des Kapitalismus in ihre jeweiligen Einzelteile zu zerlegen und kritisch zu hinterfragen. Welche Rolle hat die Einzelperson in der Gesellschaft? Welche Rolle hat die Gesellschaft im Vietnam-Krieg? Oder die Zeitungen?

    Das filmische Frühwerk Farockis ist Zündstoff für die 68er-Studentenbewegung. Es befeuert den Protest der Studenten und legt den Finger in die offenen Wunden, die der Vietnam-Krieg in der Welt aufgerissen hat. Farocki beschwört ein „kämpfendes Kollektiv“ (Ihre Zeitungen), mit dem Wort als Waffe ausgerüstet, das sich gegen die Obrigkeit zur Wehr setzen muss. Diese vier Essayfilme strotzen vor bedeutungsgeladenen Metaphern, politischer Energie, Provokation und Esprit - und stellen einen herausragenden Beitrag zum Protestkino dar.

  • Roman Brodmann & Harun Farocki

  • Pressestimmen

    „Brodmanns Polizeistaatsbesuch zählt zu den wichtigsten und politisch brisantesten Beiträgen.“
    DIE ZEIT

    „Der Film, der diese allmählich hochkochende Konfrontation minutiös festhält, ist bis heute eines der aufschlussreichsten Dokumente aus den Anfängen der Studentenbewegung. Der doppeldeutige Filmtitel bringt es in der Tat auf den Punkt und steht zugleich für die Parteinahme der Stuttgarter Dokumentarabteilung im Kampf gegen deutsch-nationalen Untertanengeist und Obrigkeitsstaat: Der Polizeistaatsbesuch.“
    LITERATURKRITIK.DE

    „1968 flog Farocki mit siebzehn weiteren Studenten wegen rebellischer Umtriebe von der Berliner Filmakademie; ein Jahr später entstand Nicht löschbares Feuer, der wichtigste Agitprop-Film der Vietnam-Bewegung. Ein Traktat über Napalm-Produktion, Arbeitsteilung und fremdbestimmtes Bewußtsein von brechtischer Kargheit, lehrhaft im Stil, schneidend in der Diktion.“
    DIE ZEIT

    „In seinem ersten Film Die Worte des Vorsitzenden schießt er eine Seite aus der Mao-Bibel, zum Pfeil gefaltet, auf den Schah: Botschaft ja, aber nicht Parole - nicht stumpf, eher zurückhaltend, schwebend.“
    FAZ

  • Trailer